Es war der 24. Dezember, der Himmel war wolkenverhangen und ein kalter Wind wehte durch die verschneite Landschaft. Auf einer kleinen Wiese, umgeben von hohen Tannen, stand ein Schneemann. Er war aus frischem Pulverschnee gebaut, hatte eine Mütze aus Moos und eine Karottennase, die schon etwas schief war. Aber dieser Schneemann hatte etwas, was andere nicht hatten – einen Herzenswunsch.
Für ihn war jeder Tag gleich. Morgens begrüßte er die ersten Sonnenstrahlen, die das Weiß der Schneedecke erhellten, und abends sah er den rotgoldenen Schein des Sonnenuntergangs über dem Horizont. Doch seit Wochen dachte er an etwas anderes, etwas, das ihn tief in seinem Innern antrieb: Weihnachten.
„Ich möchte wissen, wie es ist, Weihnachten zu erleben“, seufzte der Schneemann eines Abends und starrte in den leuchtenden Sternenhimmel. „Die Kinder bauen ihre Schneemänner und feiern das Fest mit Lichtern, Geschenken und festlichem Glanz. Aber ich… ich stehe einfach nur da und beobachte.“
Der Wind flüsterte leise um seine kalte Gestalt, aber der Schneemann wusste, dass seine Wünsche in der stillen Winternacht nicht erhört werden würden. Er schloss die Augen und träumte von warmen Räumen, festlich geschmückten Tannenbäumen und fröhlichen Menschen.
Doch in dieser Nacht sollte alles anders werden.
Plötzlich, als der Mond hoch am Himmel stand und der Schnee zu glitzern begann, ertönte ein leises Kichern aus der Dunkelheit. Der Schneemann öffnete die Augen und sah sich um. Vor ihm, in einem schimmernden blauen Licht, stand eine kleine, glitzernde Gestalt. Sie trug einen roten Mantel und auf ihrem Kopf saß ein Zylinder, der fast so groß war wie sie selbst. Ihre Augen funkelten wie Sterne.
„Wer bist du?“ fragte der Schneemann erstaunt.
„Ich bin der Weihnachtsgeist“, antwortete die kleine Gestalt mit einem Lächeln, das wie ein Licht in der Nacht leuchtete. „Ich habe deinen Wunsch gehört. Und weil du dich so sehr nach Weihnachten sehnst, werde ich dir eine besondere Freude bereiten.“
Der Schneemann konnte es kaum glauben. Ein Weihnachtsgeist – genau wie in den Geschichten, die ihm die Kinder erzählt hatten!
„Du willst wissen, wie es ist, Weihnachten zu erleben?“ fragte der Weihnachtsgeist und nickte weise. „Dann folge mir!“
Mit einem flimmernden Finger schnippte der Weihnachtsgeist in die Luft. Sofort begann der Schneemann zu glitzern, als wären die Sterne selbst in ihn hineingefallen. Ein sanfter Wind erhob sich und plötzlich befand sich der Schneemann an einem ganz anderen Ort.
Er stand mitten in einem kleinen, festlich geschmückten Dorf. Überall hingen Lichterketten und die Häuser waren mit buntem Tannengrün geschmückt. In der Luft lag der Duft von gebrannten Mandeln und Zimt, und aus den Fenstern erklang Kinderlachen. Ein großer Weihnachtsbaum schmückte den Platz, umgeben von fröhlich singenden Menschen.
„Siehst du“, sagte der Weihnachtsgeist. „Das ist Weihnachten! Es ist nicht nur das, was du siehst, sondern vor allem das, was du fühlst – Freude, Zusammenhalt und Herzenswärme.“
Der Schneemann konnte sein Glück kaum fassen. Er stand mitten auf dem Platz, umgeben von fröhlichen Menschen, und spürte zum ersten Mal, was Weihnachten wirklich bedeutete. Die Kinder kamen auf ihn zu, lachten und berührten seine kalte Oberfläche. Sie tanzten um ihn herum, während Lieder erklangen.
„Es ist so schön“, flüsterte der Schneemann. „Aber… wie kann ich dazu gehören? Ich bin doch nur aus Schnee.“
„Das bist du, aber dein Herz ist genauso warm wie das der Menschen hier“, sagte der Weihnachtsgeist. „Schnee ist nicht nur kalt, er kann auch warm sein – wenn man ihn mit Liebe umgibt.“
Der Schneemann spürte eine tiefe Wärme in sich aufsteigen, obwohl die Luft um ihn herum so kalt war. Die Kinder kamen zurück und schmückten ihn mit bunten Kugeln und einer goldenen Sternenlichterkette. Sie umarmten ihn, und der Schneemann fühlte sich geliebt und angenommen.
„Du hast Weihnachten erlebt“, sagte der Weihnachtsgeist lächelnd. „Und jedes Mal, wenn du den Wind hörst oder die Schneeflocken tanzen siehst, wirst du wissen, dass dieses Gefühl immer bei dir ist.“
Dann, mit einem letzten Lächeln, verschwand der Weihnachtsgeist so plötzlich, wie er gekommen war.
Der Schneemann stand wieder auf der Wiese, aber diesmal war er nicht mehr derselbe. Sein Herz war voller Wärme, und in ihm trug er die Erinnerung an das schönste Weihnachtsfest, das er sich je hätte wünschen können. Und jedes Jahr, wenn der Schnee fiel und die Lichter der Welt erstrahlten, wusste er: Weihnachten ist überall, wenn man es mit Liebe füllt.