Das kleine Chaos

chaotische Geschichten

Das kleine Rentier, das nicht fliegen konnte 🦌

Es war einmal ein kleines Rentier namens Nori. Es lebte in einem weit entfernten Teil des Nordpols zusammen mit vielen anderen Rentieren, die jedes Jahr in der Weihnachtsnacht durch den Himmel flogen, um den Kindern ihre Geschenke zu bringen. Doch Nori war anders. Während die anderen Rentiere stolz ihre Flügel ausbreiteten und durch die kalte, klare Luft flogen, blieb Nori immer am Boden.

„Warum kannst du nicht fliegen, Nori?“ fragten die anderen Rentiere oft, wenn sie sie traurig am Waldrand stehen sahen. Nori seufzte und schüttelte den Kopf. „Ich weiß es nicht. Vielleicht fehlt mir etwas, was die anderen haben“, antwortete sie leise. Aber auch wenn sie nicht fliegen konnte, hatte Nori etwas Besonderes, das niemand sonst im ganzen Wald besaß.

Nori hatte die Gabe, Wünsche zu erfüllen – nicht nur die der Kinder, sondern auch die der Tiere im Wald. Diese Gabe hatte sie seit ihrer Geburt. Oft hatte sie beobachtet, wie andere Tiere mit ihren Wünschen zu ihr kamen: die Eule, die sich nach einem sichereren Schlafplatz sehnte, der Hase, der sich einen langen Wintervorrat wünschte oder der Igel, der ein warmes Zuhause brauchte. Nori hörte die Wünsche in den Herzen der Tiere und erfüllte sie auf magische Weise.

Doch in diesem Jahr, kurz vor Weihnachten, konnte Nori den Wunsch eines ganz besonderen Tieres nicht erfüllen. Es war der kleine Fuchs Felix, der zu ihr kam und mit traurigem Blick sagte: „Nori, ich wünsche mir nichts sehnlicher, als mit den anderen Rentieren durch die Nacht zu fliegen. Aber ich bin zu klein, ich habe nicht genug Kraft, um mich in die Lüfte zu erheben.“ Nori sah ihn mitfühlend an. Sie wusste, wie sehr sich der kleine Fuchs das wünschte.

„Felix, es tut mir leid, aber ich kann dir das Fliegen nicht beibringen. Aber vielleicht kann ich dir auf andere Weise helfen“, sagte Nori nachdenklich.

Felix sah sie fragend an. „Wie meinst du das?“

„Es gibt viele Arten des Fliegens“, erklärt Nori. „Der Flug zu den Sternen ist nur eine davon. Aber du kannst auf deine Weise fliegen – mit deinem Herzen.“

Der kleine Fuchs verstand nicht so recht, aber Nori erklärte weiter: „Du kannst die Welt auf deine eigene Weise entdecken. Der Flug der Vögel ist der Flug durch die Lüfte, aber du kannst die Erde erobern. Du kannst schnell und flink durch den Wald rennen, die Bäume umarmen und die Sterne aus einer anderen Perspektive sehen. Dein Flug ist nicht der Flug der Rentiere, aber er ist genauso besonders.“

Felix dachte nach. In diesem Moment konnte er nicht fliegen, aber er spürte plötzlich eine neue Kraft in sich. Die Wälder und Hügel, die er immer für alltäglich gehalten hatte, erschienen ihm wie ein großes Abenteuer. Mit einem fröhlichen Lächeln auf dem Gesicht rannte er los, schneller als je zuvor, sprang über kleine Bäche, raste durch den Schnee und spürte den Wind in seinem Fell.

„Ich fliege!“ rief Felix vor Freude.

In dieser Nacht, als der Weihnachtszauber den ganzen Wald umhüllte und die ersten Schneeflocken des Jahres fielen, stand Nori auf einem kleinen Hügel und beobachtete die Tiere im Wald. Felix flitzte durch die Bäume, der Hase hatte endlich seinen Möhrenvorrat zusammen und die Eule hatte einen sicheren Schlafplatz gefunden. Und Nori wusste: Sie hatte allen geholfen, ihren eigenen Flug zu finden.

Als es schließlich Zeit für die Rentierherde war, in den Himmel aufzusteigen, um ihre Weihnachtsreise anzutreten, stand Nori traurig da. Sie wusste, dass sie nicht fliegen konnte, doch plötzlich spürte sie eine sanfte Berührung an ihrer Seite. Es war Felix, der kleine Fuchs.

„Nori“, sagte er mit einem breiten Lächeln, „du hast mir gezeigt, dass ich fliegen kann, ohne in den Himmel zu steigen. Aber jetzt möchte ich dir etwas zeigen.

Er rief die anderen Tiere des Waldes zusammen und sie bildeten einen Kreis um Nori. „Du hast uns allen geholfen, unsere Wünsche zu erfüllen“, sagte Felix. „Jetzt ist es an der Zeit, dir zu zeigen, dass du nicht allein fliegen musst. Wir fliegen mit dir, Nori.“

Nori schaute in die Augen der Tiere und fühlte sich plötzlich leicht und frei. Sie musste nicht in den Himmel fliegen, um zu spüren, dass sie etwas Besonderes war. Ihre Gabe war es, anderen zu helfen, ihren eigenen Weg zu finden, und dafür würde sie immer gebraucht werden.

Und so stand Nori, das kleine Rentier, nicht in einem fliegenden Schlitten, sondern inmitten von Freunden, die sie liebten und die an ihrer Seite flogen – auf ihre eigene, besondere Weise.