Das kleine Chaos

chaotische Geschichten

Die verzauberte Tanne 🌲

Im tiefen, stillen Wald wuchs eine junge Tanne, die anders war als die anderen Bäume. Ihre Nadeln glänzten im Sonnenlicht, ihre Äste waren stark und gerade. Aber was sie am meisten beschäftigte, war der Traum, den sie jede Nacht hatte. In ihren Träumen war sie der schönste Weihnachtsbaum, glänzend geschmückt mit goldenen Kugeln, strahlenden Sternen und bunten Lichtern. Ein funkelnder Stern schmückte seinen höchsten Zweig, und fröhliche Kinder versammelten sich um ihn, sangen Lieder und legten Geschenke unter ihn.

Doch tagsüber war der Wald ein ganz anderer Ort. Die Tanne war nur ein Baum unter vielen, der von den wilden Tieren des Waldes beachtet wurde. Niemand sprach mit ihr, niemand bewunderte ihre Schönheit. Und so seufzte die Tanne oft und hoffte, dass auch ihr ein solches Fest zuteil würde.

„Warum kann ich nicht sein wie die Bäume in den Dörfern“, dachte sie immer wieder. „Warum kann ich nicht als Weihnachtsbaum ausgewählt werden, um den Menschen Freude zu bringen?“

Eines Morgens, als der Herbst gerade die letzten Blätter von den Bäumen fegte, hörte die Tanne ein leises Rascheln in der Nähe. Sie drehte sich um und entdeckte ein Eichhörnchen, das flink von Ast zu Ast sprang.

„Was ist denn, kleines Eichhörnchen?“ fragte die Tanne neugierig.

Das Eichhörnchen blieb plötzlich stehen und sah sie mit seinen kleinen, glänzenden Augen an. „Du siehst traurig aus, Tanne. Was bedrückt dich?“

„Ich wünsche mir nur, ein Weihnachtsbaum zu sein. Ich möchte geschmückt werden und den Menschen Freude bringen. Aber ich bin nur eine Tanne im Wald und niemand sieht mich.“

Nachdenklich nickte das Eichhörnchen. „Das kann ich verstehen. Aber hast du schon einmal darüber nachgedacht, dass der wahre Zauber nicht in den Juwelen liegt, die du an dir trägst, sondern in dem, was du in deinem Herzen trägst?“

„Was meinst du damit?“, fragte die Tanne verwirrt.

„Der Zauber eines Weihnachtsbaumes“, sagte das Eichhörnchen, „liegt nicht in den Lichtern und Kugeln, sondern in der Freude, die er den Menschen bringt. Es ist das Gefühl von Wärme, Liebe und Geborgenheit. Und das kannst du auch ohne Schmuck haben, Tanne. Wenn du dein Herz öffnest, wirst du den wahren Zauber entdecken.

Die Tanne dachte über die Worte des Eichhörnchens nach, verstand sie aber nicht ganz. In den folgenden Wochen beobachtete sie die Tiere im Wald und die Veränderungen, die der Herbst mit sich brachte. Die Tiere begannen, Vorräte anzulegen, und die Tage wurden kürzer. Eines Abends, als der erste Schnee fiel, merkte die Tanne, dass etwas Besonderes in der Luft lag. Der Wald war still und friedlich, und ein magisches Licht schien von irgendwoher zu kommen.

Dann hörte sie eine Stimme, die sie schon lange nicht mehr gehört hatte. Es war der alte Förster, der immer wieder in den Wald kam. Vorsichtig ging er auf sie zu, seine Schritte hinterließen Spuren im frischen Schnee.

„Du bist eine schöne Tanne“, sagte er leise. „Vielleicht wirst du dieses Jahr als Weihnachtsbaum geschmückt.“

Die Tanne fühlte ein warmes Gefühl in sich. Doch dann erinnerte sie sich an die Worte des Eichhörnchens. Sie wusste, dass der wahre Zauber nicht in den glänzenden Kugeln lag, sondern in ihr selbst. „Ich bin schon ein Weihnachtsbaum“, dachte sie, „und der wahre Zauber ist in meinem Herzen.

Der Förster sah die Tanne eine Weile an und nickte dann. „Du bist genau die Richtige, um den Wald zu verschönern“, sagte er und ging weiter.

Am nächsten Tag kam der Förster wieder, aber er schnitt keinen Zweig von der Tanne ab. Stattdessen schmückte er einen anderen Baum im Dorf, der nun in einem warmen, festlichen Licht erstrahlte. Die Tanne wusste, dass sie ihren wahren Zauber gefunden hatte – nicht in der Dekoration, sondern in der Freude, die sie den Menschen und Tieren des Waldes brachte. In ihrem Herzen war der Zauber der Weihnacht bereits lebendig, und das war mehr wert als aller Schmuck.

Und so stand die Tanne weiterhin stolz im Wald, hoch und unerschütterlich, und jedes Jahr, wenn der Schnee fiel und die Lichter in den Dörfern leuchteten, wusste sie, dass sie auch ohne Schmuck ein Teil des wahren Weihnachtszaubers war.